…versprach uns die Website des >>Achtung, Wortspiel!!!<< "BOA das Restau-Band". Ohohoho, dachte ich mir, genau das Richtige an einem so trüben und hungrigen Tag wie heute.
Also ließ ich Anne einfach mal dort anrufen, um rauszukriegen, ob sie EC-Karte nehmen und um eventuell einen (guten Tisch zu reservieren). Guter Tisch bedeutete in diesem Fall direkt an der Küche, da die Speisen hier auf einem Band an den Gästen vorbeifahren, und man will ja nicht, das der ganze Laden erstmal alle Speisen vom Band runternimmt, sie begutachtet und dann bei Nichtgefallen wieder zurückstellt, vermutlich, nachdem zuvor noch einmal draufgenießt wurde. Oder, aber man sitzt am Ende des Bandes (was Boris’ Befürchtung war) und sieht wie etwas Leckeres von jemandem, der vor einem dran ist runtergenommen wird, und, noch während man sich damit tröstet, daß die nächste Köstlichkeit angefahren kommt, verschwindet diese auf dem Tisch genau vor einem. Was für ein Alptraum!
Während ich also so alpträumte ließ Anne den Apparat heißklingeln. Nichts geschah.
„Das ist ein gutes Zeichen!“, dachte ich mir, denn wenn sie nicht drangehen können, muß die Bude ja brummen.
Der Hunger ließ uns dann alle so ungeduldig werden, daß wir ohne anzurufen losfuhren, auf zum Atom in die Sächsische Straße 7.
In der Sächsischen Straße angekommen, mußten wir dann leider feststellen, daß wir schon zu weit gefahren waren. Offensichtlich hatten wir den Laden übersehen.
Also schnell in voller Fahrt die Handbremse angezogen und eine 180° Wendung gemacht, dann über das Power-Item gefahren, bevor man mit Hilfe des Terraform einen Superbaumfrevel…huch Moment, da ging wohl vor Hunger die Fantasie mit mir durch!
Jedenfalls schafften wir es dann irgendwie zurück zur Hausnummer 7 und „was sahen meine entzündeten Augen“ (nur, um auch dieses Cliché mal zu bemühen)?
Genau: „Wie se sehen, sehen se nüscht!“
Tja, offensichtlich war es doch kein gutes Zeichen, daß sie nicht ans Telefon gegangen sind, denn am 2. Dezember wird dort ein Rodizio-Laden eröffnen. Gammelfleisch, ick hör Dir trapsen! Bis dahin steht der Laden allerdings so leer, wie mein Magen.
Also was tun? Denk, denk, grübel, grübel und studier…was steht denn noch zur Auswahl?
Kimchi? Ixthys? Schwabe? Irgendwie alles nicht das Richtige! Hm, wie wär’s denn mal mit, mit…
DER TAIWANESISCHEN BAUERNSTUBE?Ja, Ihr habt richtig gehört! Auf in die Bauernstube, was übrigens eine Empfehlung von Ma-Ding war. (Ma-Ding, wie ist eigentlich Dein koreanischer Name?) Daher entschlossen wir uns, ihn doch gleich auch mal anzurufen und zu fragen, ob er nicht spontan mitkommen wollte. Wollte er vielleicht, aber leider ging nur sein Anrufbeantworter dran.
Also fuhren wir alleine hin und als wir ankamen und den Laden betraten, erlebten wir einen kleinen Schreck.
Plötzlich verließ uns der Mut, aber die nette Dame kam sofort auf uns zu und plazierte uns. Wir wollten nicht neben den Toiletten sitzen, was nicht so einfach war, weil der Laden so klein war, daß sich praktisch jeder Tisch irgendwie neben den Toiletten befand.
Doch bevor wir uns setzten konnten, mußten erst einmal die Formalitäten geklärt werden.
- „Nehmen Sie EC-Karte?“
- „Nein, danke!“
O.K., also wieder raus aus dem Laden („Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln!“) und ab zur nächsten Sparkasse!
Unterwegs erhob das böse Gespenst „Wollen-wir-nicht-doch-lieber-woanders-hin“ sein häßliches Haupt, aber in Ermangelung anderer Möglichkeiten und weil wir alles auf Ma-Dings Empfehlung gesetzt hatten, fuhren wir doch wieder zurück. Außerdem hatten wir ja quasi versprochen, daß wir wiederkommen würden! Und ein Elm-Man hält Wort!
Zurück in der Bauernstube bekamen wir erstmal ein Körbchen mit Krupuk, diesen sehr seltsamen Krabbenchips, nicht so mein Fall wie ihr an meinem Blick unschwer erkennen könnt.
Dann diskutierten wir recht schnell die Speisekarte mit der Wirtin aus, die unsere erste Vorauswahl gleich in die Richtige richtung…äh…richtige Richtung lenkte. Von Dem Gurkensalat, den wir fälschlicherweise als Pai Huangua identifiziert hatten, riet sie uns sofort ab, ebenso wie von fast allen „regulären“ Gerichte, die auf der Karte standen. Dafür konnte sie uns Gong Bao Ji Ding (宫保鸡丁) machen („Das kann ich am besten!“).
Wir bestellten also Lauchtaschen oder Maultaschen, was, wußten wir nicht so genau, weil die Bezeichnungen widersprüchlich waren, außerdem die Taiwanesischen Fleischbällchen, Dou Bao 豆包 (dazu gleich mehr) und, wie gesagt, Gong Bao Hühnchen (宫保鸡丁).
Als die Gute Seele des Hauses sich an die Zubereitung machte, betrat eine Dame die Gaststätte, die außer uns die einzige Kundin an diesem Abend bleiben sollte (Der Laden lebt von den Büroleuten, die zur Mittagspause kommen).
Zuvor gab es etwas aufs Haus. Selbst gemachte Kantonesische Rollen, die mit Krabben gefüllt waren und irgendwie etwas nach Speck schmeckten. Nicht schlecht! Dann wurden die Fleischbällchen aufgetafelt, mit den Worten: „Ich habe das Fleisch selbst gehackt, nicht durchgedreht wie Boiletten.“ Aha, also keine Boiletten heute, was? Na gut, es sah jedenfalls sehr ansprechend aus und schmeckte.
Dann kamen die Teigtaschen, die auch wieder das von den Kantonesischen Rollen bekannte Speckaroma aufwiesen. Normalerweise sind chinesische Teigwaren genau mein Fall, aber in dieser Lokalität sicher nicht die Stärke! Schlecht waren sie dennoch nicht.
Weiter ging’s mit dem Hühnchen und dem Dou-Bao (豆包) . Dou-Bao (豆包) ist ein köstliches Potpourri aus Pansen, Schweinehirn in Scheiben und vielen anderen leckeren Innereien. Delikat…
…Spaß! Es sieht nur so aus. In Wirklichkeit ist Dou-Bao Blätterteig-Tofu!
Der Tofu war nicht schlecht, nicht dieser weiße, weiche, geschmacklose, sondern etwas fester. Eins fiel gleich auf, hier wird ohne oder zumindest mit sehr, sehr wenig Wei-jing 味精 (Glutamat) gekocht.
Das alles stand aber ganz im Schatten des Hühnchens. So gutes Gong Bao Ji Ding hatten wir in Deutschland noch nie und auch in China nur höchst selten gegessen.
Den Geschmack in Worte zu fassen ist unmöglich, trotzdem muß es wohl jemand mal versucht haben, denn wie wir später erfahren sollten, wurde sogar schon in taiwanesischen Zeitschriften darüber berichtet.
Dazu hätte sich ein Bierchen auch gut gemacht, doch was für eins?
-„Welches Bier haben Sie denn?“
-„Budweiser, Kindl und Weißbier.“
-„Welches Kindl denn, Jubiläums oder normales?“
-„Kindl? Haben wir nicht!“
Naja, Schwamm drüber, gibt’s halt ein Budweiser. Ist eh besser!
Die Dame am Nebentisch bekam nun auch ein Gericht serviert, was nicht auf der Karte zu finden war: Knusprige Ente mit bekannter Sauce. Offenbar auch ein Geheimtip. Werden wir nächstes Mal probieren. Überhaupt drängt sich hier einem der Eindruck auf, als ob hier mir sehr viel Liebe und persönlichem Engagement gekocht wird, besonders, wenn man nicht die Gerichte bestellt die auf der (Tages-)Karte stehen, sondern die, welche die Köchin selber gerne kocht und ißt! Man kann sich von ihr beraten lassen, oder sogar seinen Speisewunsch mit ihr ausdiskutieren.
Als wir satt waren und dabei nicht alles geschafft hatten, rechnete unsere sympathische Wirtin noch vor, wieviel wir gegessen haben („Sie haben fast drei Gerichte“ – Nachdem uns schon zuvor mitgeteilt wurden „Damen essen nicht so viel“).
Macht nichts, der Rest wird wie in China „da bao“ also eingepackt und mitgenommen!
Nach dem Bezahlen, und quasi schon im Gehen, entspann sich noch eine ca. halbstündige Diskussion über einzelne chinesische Gerichte und ihre Zubereitung, wobei auch zur Sprache kam, daß hier sogar das Hong You (Chiliöl) nahezu wöchentlich frisch selbst hergestellt wird!
Fazit: Kurzum: Dieser kleine Laden im Nirgendwo entpuppte sich als der absolute kulinarische Geheimtip für chinesisches Essen in Berlin!
Hingehen und selber erleben! Und nicht vergessen: Nach den Spezialitäten fragen, die nicht auf der Karte erwähnt sind.
Restaurant Bauernstube
Morsestrasse 3
10587 Berlin
Öffnungszeiten:
Mo-Fr: 11-22Uhr Sa: 12-22Uhr So: Ruhetag
Zu Weihnachten und Ostern haben sie 1 Woche geschlossen! Auch an gesetzlichen Feiertagen ist zu! Daher besser vorher anrufen um auf Nummer sicher zu gehen!
Tel: 030 3936798